Wie sich ein Fußball-Verein von anderen abheben kann. Beim FCM stehen Engagement und Integration im Vordergrund, nicht das Geld.
Simmering, Leberstraße 84. Schon von weitem hört man Jugendliche lautstark lachen und kommunizieren. Hier und da ein dumpfes Geräusch von einem abprallenden Fußball. Ironie des Schicksals. Da schreibe ich noch darüber, dass in den Medien ständig nur über Fußball berichtet wird und ein paar Tage später bin ich selbst bei einer Fußball-Pressekonferenz des FC Mariahilf (ja, wir sind in Simmering – der Name kann eventuell für etwas Verwirrung sorgen). Meine anfängliche Skepsis lässt jedoch schnell nach. Ich bin begeistert vom Konzept des Vereins.
Deutsch lernen während des Fußballspielens
Shaam kommt aus Somalia. Er ist 24 Jahre alt und lebt seit zwei Jahren in Österreich. Später möchte er als Sozialarbeiter tätig sein. Nasid und Omid kommen beide aus Afghanistan. Sie sind 24 und 25 Jahre alt und sind vor einem Jahr nach Österreich gekommen. Nasid will später Informatik studieren. Omids Traum ist es, professioneller Fußballspieler zu werden. Was diese drei Jugendlichen gemeinsam haben? Sie verbringen jede freie Minute am Sportplatz des FC Mariahilf. Natürlich war es anfangs schwierig, sich mit den anderen Jugendlichen zu verständigen. Die Deutschkenntnisse der Flüchtlinge waren noch nicht reif für ausgiebige Konversationen. Und ihre Mitspieler konnten nicht ausreichend gut Englisch. Doch bereits nach den ersten Trainings kannten sie die wichtigsten Begriffe, um auf dem Sportplatz kommunizieren zu können. Außerdem macht es viel mehr Spaß, Deutsch zu lernen, wenn man dabei etwas macht, das einem Spaß macht.
Von Shaam ist der Trainer besonders begeistert. Nicht nur, dass sich der junge Somalier sehr gut in die Gruppe integrieren konnte und seine Fähigkeiten ständig verbessert. Mittlerweile ist er auch noch selbst Trainer des U9-Teams. Die Arbeit mit den Kindern gefällt ihm, auch wenn das Training hier anders gestaltet wird als in seiner Heimat: „Es ist viel anspruchsvoller. Wir machen viel mehr Technik und Taktik als in Somalia. Aber das finde ich gut. Es macht Spaß.“
20 verschiedene Nationalitäten
Ernst Lackner, der Gründer und Obmann des Vereins, ist zufrieden mit der positiven Entwicklung und Integration in den Teams. Er errichtete den Fußballclub mit der Motivation, der Gesellschaft etwas zurückgeben zu müssen – in Form eines Sozialprojekts. „Meine Kollegen hielten mich damals für verrückt. Doch das brachte mich nicht von meiner Idee ab“, erzählt er uns. Das war 1999. Noch im selben Jahr hatte der Verein bereits sieben Mannschaften. 17 Jahre später kann er auf eine stolze Entwicklung zurückblicken. Mittlerweile kann er sämtliche Nachwuchs-Mannschaften vorweisen, sowie eine Damen- und eine Herren-Kampfmannschaft. Unter den 250 Mitgliedern haben sie über 20 verschiedene Nationalitäten, die täglich im Training aufeinandertreffen. Probleme gab es bis jetzt keine, die Team-Kollegen unternehmen oft auch außerhalb des Trainings viel miteinander.
Neue Kontakte knüpfen
Auch das Georg-Danzer-Haus ist überzeugt vom FCM und seiner Arbeit mit den Jugendlichen. Im Moment gehen fünf minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan regelmäßig zum Fußball-Training. „Sie fragen mich ständig, wann sie wieder trainieren gehen dürfen“, so ein Betreuer des Danzer-Hauses, der das Training für sie organisierte. So sind sie ständig gefordert und haben viel Kontakt mit anderen Jugendlichen aus Wien.
Nachwuchs fördern
Die Philosophie des Vereins ist in wenigen Worten erklärbar: „Wir wollen keine Spieler von außerhalb einkaufen. Wir wollen unseren eigenen Nachwuchs in die Kampfmannschaft bringen“, verrät Karl Brauneder. Der ehemalige Nationalspieler und Europacup-Finalist hat die sportliche Leitung des Vereins übernommen. Sie möchten niemanden, der des Geldes wegen bei ihnen spielt. Sie möchten junge, motivierte Menschen, die mit Leidenschaft dabei sind und die aus Liebe zum Fußball spielen. Dabei ist auch wichtig zu erwähnen: Der Großteil ihrer Einnahmen wird an soziale Einrichtungen gespendet. Die Spieler bekommen nichts bezahlt, sie müssen sogar zahlen. Der Vorstand ist sich einig, dass dem Sport durch den halbjährlichen Mitgliedsbeitrag eine höhere Wertschätzung entgegengebracht wird. Auch die jungen Flüchtlinge zahlen, wie uns Ernst Lackner sagt: „Wenn jemand finanzielle Schwierigkeiten hat, helfen wir ihm natürlich dabei, einen Sponsor zu finden. Doch die meisten haben kein Problem mit dem Beitrag, weil sie Geld ausgeben für etwas, das sie gerne tun.“
Trainer gesucht
Der Verein hat ein einziges Problem. Er hat nicht genug Trainer. „Wir haben momentan zwölf Trainer, aber das ist zu wenig für so viele Mannschaften“, sagt Brauneder.
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